Ehevertrag! Das Killer-Wort bei Verliebten und Verlobten - so meint man.
Die Hamburger Luxus-Hochzeitsplanerin Nadine Metgenberg hat sich diesem durchaus wichtigen Thema angenommen und mit dem Anwalt Lukke Mörscher ein Interview geführt. Hier bleibt keine Frage zu diesem doch sehr emotionalem Thema unbeantwortet und am Ende des Artikels kann jedes Paar gut informiert für sich entscheiden, ob ein Ehevertrag für sie wichtig und richtig ist.
Wir übergeben das Wort.
Verliebt, verlobt, verheiratet – wer braucht dafür schon Verträge?
Glücklich bis ans Lebensende? Schön wäre es. Wie sehr erfreuten wir uns damals am
Liebesglück von vermeintlichen Celebrity-Traum-Ehepaaren wie Beauty-Milliardärin Kim
Kardashian und Sänger Kanye West. Dann der Schock für alle Romantiker: Jüngst gaben sie
ihre Scheidung bekannt. Ein Ehevertrag vorab war hier Standard. Aber nicht jedes Paar
schließt vor der Heirat einen Ehevertrag ab. Damit sich Finanzen und Feelings nicht
irgendwann in die Quere kommen und warum es sich lohnt, sich während der
Hochzeitsplanung neben Blumendekoration und Tortendesign auch mit dem wichtigsten
Vertrag seines Lebens auseinander zu setzen, klärt die Hamburger Luxus-Weddingplannerin
Nadine Metgenberg (46) im Gespräch mit Lukke Mörschner (47), Fachanwalt für Erbrecht
und Testamentsvollstrecker.
Metgenberg: In Deutschland heiraten jährlich rund 400.000 Paare, Tendenz steigend. Viele Paare reden natürlich nicht gerne über das mögliche Scheitern einer Ehe, wenn sie gerade ein gemeinsames Zusammenleben als Ehepaar planen. Aber es lassen sich ja auch immer wieder Paare scheiden, leider.
Mörschner: Da haben Sie allerdings recht: In Deutschland wird regelmäßig jede dritte Ehe
wieder geschieden, im Schnitt nach 14 Ehejahren. Der Ärger fängt dann vor allem dort an,
wo im Vorfeld keine klaren Verhältnisse geschaffen wurden. Ich kann ja persönlich auch sehr
gut verstehen, dass man in dem Moment, wo man gerade das Versprechen gegeben hat,
sich für immer zu lieben und zusammen zu bleiben, nicht damit auseinandersetzen möchte,
was sein soll, wenn man sich trennt. Da steckt man automatisch irgendwie in einem
Dilemma. Aber Trennungen passieren. Da sind selbst Hollywood-Stars nicht vor gefeit. Die
meisten Paare befinden sich aber ja auch nicht in der aller ersten Liebesbeziehung, wenn sie
sich verloben. Aber ohne klare Regelungen kann es zu sehr unschönen, langwierigen und
kostenintensiven Auseinandersetzungen kommen.
Metgenberg: Wenn ich in Deutschland heirate ohne Ehevertrag, was gilt dann für mich?
Mörschner: Wer ohne Ehevertrag heiratet, lebt automatisch in einer Zugewinngemeinschaft.
Das bedeutet: Getrennte Vermögen - Alles, was den Eheleuten vor
der Eheschließung jeweils gehört hat, bleibt auch danach Eigentum des einzelnen
Ehepartners. Aber das, was in der Zeit der Ehe erwirtschaftet wird, muss im Falle einer
Trennung dann ausgeglichen werden. Mit dem Ehevertrag werden die gesetzlichen
Regelungen zu Güterstand, Unterhalt und Versorgungsausgleich abgeändert oder
ausgeschlossen. Trennt sich das Paar und es kommt zu einer Scheidung, gelten die
Vereinbarungen aus dem Vertrag, sofern sie nicht sittenwidrig sind. Das kann viele
Streitigkeiten im Nachgang ersparen. Gerade, wenn dann noch Kinder mit im Spiel sind, ist
es wichtig, ohne Rosenkrieg durch die Scheidung zu kommen.
Metgenberg: In der Verlobungsphase hängt der Himmel bekanntlich voller Geigen und
beide haben ihre rosarote Brille auf. Während der Hochzeitsplanung kann der Wunsch nach einem Ehevertrag dann auch schnell mal zum Reizthema werden. Wie sollte ich vorgehen, wenn ich mit meinem Verlobten nicht die gesetzliche Regelung anstrebe, sondern einen Ehevertrag abschließen möchte?
Mörschner: Egal, wo Sie gerade in Ihrer Beziehung stehen, es ist immer sinnvoll, sich
Gedanken darüber zu machen, ob Sie einen Ehevertrag abschließen sollten. Wenn Sie sich
gerade mitten in der Hochzeitsplanung befinden, kann das Thema natürlich schnell ein
Reizthema werden, sollte es aber nicht. Denn mit einem Ehevertrag regeln Sie alles zu
einem Zeitpunkt, wo sie beide normalerweise am besten darüber sprechen können. Wichtig
ist, dass beide Partner diesen Wunsch nicht mit einer Vertrauensfrage kombinieren, sondern
auf einer sachlichen Ebene bleiben. Ich habe ein Paar in meiner Kanzlei beraten: Sie
verdiente bereits extrem gut, wollte sich absichern dagegen, dass er, selbständiger
Jungunternehmer, eines Tages mit einer Jüngeren abhaut und sie ihm womöglich Unterhalt
zahlen müsste. Er hingegen fragte sich, wie es weitergehen sollte, für den Fall, dass einer
von beiden stirbt. Beide hatten also zwei völlig unterschiedliche Szenarien für ein Ende der
Ehe im Kopf.
Schon vor einem Antrag würde ich also vorsichtig "abklopfen" wie der Partner zum Thema
Ehevertrag steht. Wenn sich das Paar entscheidet einen Ehevertrag zu schließen, sollte
vielleicht jeder einen "Wunschzettel" schreiben und dem Partner übergeben. Dann empfiehlt sich die Beratung durch einen Fachanwalt/-anwältin. Achtung: Am besten getrennt
voneinander, jeder benötigt einen eigenen Berater.
Metgenberg: Muss ich denn schon vor der Hochzeit einen Ehevertrag machen?
Mörschner: Ratsam ist es, aber man kann auch noch nach der Hochzeit einen Ehevertrag
abschließen. Wichtig ist nur, dass ein Ehevertrag immer notariell beurkundet wird.
Metgenberg: Wenn ich mich als Paar nun gegen einen Ehevertrag entscheide, was passiert dann mit dem Vermögen nach einer Scheidung? Gehört jedem Partner dann jeweils die Hälfte vom anderen?
Mörschner: Definitiv nein. Wer ohne Ehevertrag heiratet, lebt automatisch in einer so
genannten Zugewinngemeinschaft. Bei der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögen
der Ehegatten getrennt. Jeder verwaltet sein Vermögen alleine. Wer also zum Beispiel schon
vor der Trauung Eigentümer einer Immobilie war, bleibt auch während der Ehe
Alleineigentümer. Nicht selten glauben Ehepaare, dass mit der Eheschließung das gesamte
Vermögen nun beiden Eheleuten gemeinsam gehört. Speziell wird es aber, wenn diese
Immobilie eine Wertsteigerung erfährt. Diese unterliegt dann dem Zugewinn.
Metgenberg: Das klingt kompliziert. Wie kann so etwas dann in der Praxis aussehen?
Mörschner: Wenn mir ein Stück Ackerland gehört, das während der Ehe dann aber zu
Bauland entwickelt wird, fällt diese Wertsteigerung in den Zugewinn.
Metgenberg: Und wie sieht es mit Schulden aus? Haftet da ein Partner für den anderen?
Mörschner: Nein. Wenn ein Partner kein Vermögen mit in die Ehe bringt, sondern Schulden,
haftet der andere Partner nicht automatisch mit. Die Vermögenstrennung in der
Zugewinngemeinschaft führt dazu, dass ein Ehegatte für die Schulden des anderen nicht
haftet. Paare brauchen wegen vorhandener Schulden also keinen Ehevertrag abschließen,
obwohl das viele annehmen.
Metgenberg: Was passiert denn, wenn ich während der Ehe etwas erbe?
Mörschner: Auch wer während der Ehe etwas erbt oder sich selbst etwas kauft, bleibt
alleiniger Eigentümer. Wenn ein Ehepartner während der Ehe zum Beispiel ein Haus erbt
oder sich eine Immobilie kauft, wo er als alleiniger Eigentümer im Grundbuch steht, gehört
ihm die Immobilie und nicht beiden Eheleuten. Wie oft fälschlicherweise angenommen wird.
Zudem gehört die Erbschaft auch nach Eheschließung zum Anfangsvermögen. Aber
Achtung: Auch hier unterfällt eine Wertsteigerung wieder dem Zugewinn.
Metgenberg: Wenn ich mir jetzt ein tolles Kunstwerk während der Ehe gemeinsam mit
meinem Mann kaufe, worauf soll ich achten?
Mörschner: Dann sind beide Eigentümer und müssen sich einigen, wer im Falle einer
Scheidung was erhält oder wer wen auszahlt. Bei gemeinsam erworbenen Dingen können
übrigens auch beide für etwaige Schulden haften.
Metgenberg: Gibt es Tücken bei einem gemeinsamen Kredit?
Mörschner: Hier gilt: Es kommt darauf an, wer den Kreditvertrag unterschrieben hat. Haben
beide den Vertrag unterschrieben, müssen auch beide den Kredit abbezahlen. Hat nur einer
den Vertrag unterschrieben, haftet auch nur derjenige und muss alleine weiter abbezahlen.
Metgenberg: Wenn es hier um einen Hauskredit geht, verlangen die Banken ja gerne
Unterschriften von beiden. Zwei Darlehensnehmer bedeuten eben auch zwei
Haftungssubjekte. Gibt es denn gute Gründe, dann nur einen von beiden Ehepartnern ins Grundbuch einzutragen?
Mörschner: Grundsätzlich natürlich nicht. Ad hoc fallen mir allerdings zwei Ausnahmen ein:
Haftungsmasse bei einem Ehepartner verringern. Oder eine Pflichtteilsvermeidungsstrategie
gegen Kinder aus einer vorigen Ehe.
Metgenberg: Klingt, als sei es alles gar nicht so dramatisch ohne Ehevertrag. Wofür
brauche ich denn dann einen, wenn jeder sein Vermögen behält?
Mörschner: Es gibt dabei auch ein paar Einschränkungen und Stolperfallen, wenn es zu
einer Scheidung kommt. Schließen Sie nämlich keinen Ehevertrag ab, muss am Ende der
Partner Unterhalt zahlen, der in der Ehe mehr erwirtschaftet hat. Das nennt man dann
Zugewinnausgleich. Beispiel: Der Ehemann hat während der Ehe 50.000 Euro erwirtschaftet,
die Ehefrau hingegen nur 10.000 Euro. Die Differenz beträgt 40.000 Euro. Somit hat die
Ehefrau einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns in Höhe von 20.000 Euro.
Metgenberg: Und mit einem Ehevertrag kann der Zugewinnausgleich verhindert werden?
Mörschner: Genau. Mit einem Ehevertrag können Sie dies verhindern, indem Sie
Vermögensaufteilung, Altersversorgung und Unterhaltszahlungen individuell mit Ihrem
Partner abstimmen – und zwar fair. Das dieses Thema aktuell ist, zeigt übrigens auch eine
Anfang März erschienene Podcast-Folge von Oliver Pocher und seiner Ehefrau Amira. Sie
haben offen darüber gesprochen und ganz klar gesagt, dass ein Ehevertrag wichtig ist und
sie einen haben. Die beiden haben zum Beispiel auf eine Zugewinngemeinschaft verzichtet,
bei der das während der Ehe hinzugewonnene Vermögen im Falle einer Scheidung zu
gleichen Teilen aufgeteilt wird.
Metgenberg: Kann man einen einmal geschlossenen Ehevertrag nachträglich noch mal
ändern?
Mörschner: Ja, das ist möglich. Aber es muss übereinstimmend geschehen und die
Änderungen müssen notariell beurkundet werden. Es gibt z.B. auch die Möglichkeit einer
Güterstandschaukel, um Vermögen steuerbegünstigt auf den Ehepartner zu übertragen.
Vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird in die Gütertrennung gewechselt und
nachher wieder zurück oder in Modifikationen.
Metgenberg: Warum empfehlen Sie Verlobten und Verheirateten, dass Sie nicht nur über das Thema Ehevertrag sprechen sollten, sondern auch über so unangenehme Dinge wie Testament und Vorsorgevollmachten. Ist das mit der Eheschließung denn nicht automatisch geregelt?
Mörschner: Der Ehegatte ist automatisch gesetzlicher Erbe, wenn der Erblasser kein
Testament gemacht hat. Die Erbquote richtet sich nach dem Güterstand und ob es noch
weitere gesetzliche Erben gibt. Beispiel: Paula heiratet Paul ohne Ehevertrag und sie haben
noch keine Kinder. Sie leben dann ja im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Paul stirbt.
Paula wird gesetzliche Erbin mit den Schwiegereltern in Erbengemeinschaft. Und eine
Erbengemeinschaft ist die streitanfälligste Konstruktion des Zivilrechts. Oder: Dieselbe
Situation, aber Paula und Paul haben jetzt zwei Kinder. Dann sind die Schwiegereltern
ausgeschlossen und Paula wird gesetzliche Erbin mit den gemeinsamen Kindern in
Erbengemeinschaft.
Metgenberg: Ich bin ja eine Vollblutunternehmerin mit eigenem Vermögen. Jetzt falle ich ins Koma. Kann mein Mann dann automatisch über meine Konten verfügen oder meine Firma managen bis es mir besser geht?
Mörschner: Wenn Sie das in Ihrer Vorsorgevollmacht so geregelt haben, kann er das. Wenn
Sie aber keine gemacht haben, dann wird ein Betreuer gestellt. Das Betreuungsgericht sucht
dann zunächst einmal in Ihrem nahen Umfeld. Wenn die Betreuungsrichterin da niemanden
findet, der emotional und intellektuell dazu in der Lage ist, die Aufgabe ordnungsgemäß zu
erledigen, wird das Gericht einen amtlichen Betreuer bestimmen. Das ist dann eine völlig
fremde Person, die Sie gar nicht kennen.
Metgenberg: Nun bin ich ja nicht nur Hochzeitsplanerin mit Leib und Seele sondern auch ein Muttertier, durch und durch. Was raten Sie Ehepaaren, die Kinder haben, mit Blick auf Verträge und Vorsorgeregelungen?
Mörschner: Am wichtigsten ist es doch als Eltern, dass man Verantwortung übernimmt für
seine Familie. Jeder Tag ist ein Geschenk und es gibt keine Garantie, dass wir heute Abend
lebend ins Bett gehen. Deshalb rate ich jedem Elternteil, sich zu Lebzeiten Gedanken zu
machen, wem sie die Personensorge für die Kinder übertragen möchten. Die
Personensorge, also wer für die Kinder im Falle des Todes beider Eltern verantwortlich ist,
kann man klar trennen von der Vermögenssorge. Wenn Sie als Vierfach-Mutter und
Unternehmerin mit eigenem Vermögen einer Person ihre Kinder und einer anderen Person
ihr Vermögen - also im Falle ihres Todes dann ja das ihrer minderjährigen Kinder -
anvertrauen wollen, so kann man das trennen. Das ergibt ja durchaus Sinn, dass Sie einer
Person die Erziehung Ihrer Kinder, und einer anderen die Verwaltung Ihres Vermögens
anvertrauen möchten.
Über Nadine Metgenberg:
Nadine Metgenberg, Jahrgang 1975, wuchs in Nordrhein-Westfalen in einer Großfamilie auf, in der Spaß schon immer eine ernstzunehmende Angelegenheit war. Die gelernte
Betriebswirtin hat ein Diplom in Internationalem Management und lebte für einige Jahre in Spanien und Südamerika, wo sie internationale Events für die Konrad-Adenauer-Stiftung organisierte. Ihr Know-how eignete sie sich u. a. bei internationalen Weddingplanner-Koryphäen wie Sarah Haywood (London) und Marcy Blum (New York) an. Mittlerweile zählt Nadine zu den Top-Weddingplannern Deutschlands: Die Fashion-Magazine ELLE und VOGUE verliehen ihr 2020 den Titel “Bester Hochzeitsplaner Deutschland”. 2019 erschien ihr Ratgeber “Das Hochzeitsbuch - alles was Ihr über euren unvergesslichen Tag wissen müsst” bei Harper Collins. Wer mit Nadine Metgenberg ein Event macht, kann sich sicher sein, dass am Ende alle Gäste glücklich nach Hause gehen werden, und die Party zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde.
Über Lukke Mörschner:
Lukke Mörschner, 2020 von den Zeitschriften Capital & Stern unter die besten Anwälte für Erbrecht in Westdeutschland gewählt, kennt sich mit den Themen Testament und Erbe
bestens aus und berät seine Mandanten im internationalen Kontext. Kein Wunder, denn auch mit Fallstricken weiß Mörschner (Jahrgang 1974) lösungsorientiert umzugehen. Der ausgebildete Testamentsvollstrecker teilt außerdem seit 20 Jahren sein Knowhow zum Thema Erbrecht, um Rechtsanwälte und Steuerberater fortzubilden oder als Fachanwälte auszubilden. Dank seines kurzweiligen Vortragsstils und der Praxisnähe seiner Ausführungen wird der sympathische Experte inzwischen auch von etablierten Unternehmen, Geldinstituten und Versicherern wie Deutsche Bank, Volksbank oder AOK als Speaker gebucht. Vom Focus-Magazin wurde er nicht zuletzt deshalb auch zum dritten Mal in Folge zum Top-Anwalt für Erbrecht gekürt.
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